Forschungsaufenthalt in den USA: Eindrücke und Erfahrungen

Monday, 06. January 2014

Fabian Schax an der NWU

... im Labor der AG Notestein

Fabian Schax aus der UniCat-Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Christian Limberg ist der erste UniCat-Doktorand, der am Austausch mit der Northwestern University in Evanston teilgenommen hat. UniCat fragt ihn nach seinen Eindrücken und Erfahrungen als Austauschwissenschaftler in den USA.

UniCat: Herr Schax, Sie haben jetzt drei Monate im Arbeitskreis von Prof. Dr. Justin Notestein am Institut für „Chemical Engineering“ gearbeitet. Welche Eindrücke nehmen Sie mit nach Hause?

Fabian Schax: Auch wenn ich schon ein Jahr nach dem Abitur in den USA verbracht hatte, war mir die Struktur von Leben, Studium und Forschung an einer amerikanischen Universität unbekannt. Überraschend und neu war für mich zu sehen, wie intensiv einige anwendungsbezogene Projekte in meiner Arbeitsgruppe in Kooperation mit der Industrie bearbeitet werden. Die Doktoranden stehen häufig in Kontakt mit ihren Industriepartnern und können so früh Kontakte zu möglichen späteren Arbeitgebern knüpfen. Durch den guten Ruf der Universität werden Doktoranten von dieser Universität schon früh vor Beendigung der Dissertation von großen Firmen abgeworben und die Bewerbungsgespräche finden direkt auf dem Campus statt. Eine Situation, die wir uns in Deutschland zurzeit nur wünschen könnten!

UniCat: Ihr an der Northwestern University begonnenes Projekt ist eher der Grundlagenforschung zuzurechnen ...

Fabian Schax: Aus meinen vorherigen Forschungsarbeiten hatte ich einige bis dato unbekannte Siloxidverbindungen synthetisiert, die ich hier auf Oberflächen immobilisieren wollte, um sie dann als Katalysator zu nutzen. Als Koordinationschemiker waren für mich viele Arbeitstechniken und Geräte erst einmal unbekannt und herausfordernd. Doch durch die hilfsbereiten und verständnisvollen Mitarbeiter habe ich schnell den Einstieg in mein Projekt geschafft. Für mich persönlich war es eine wertvolle Erfahrung zu sehen, wie schnell ich mich in ein neues Themengebiet einarbeiten konnte, auch wenn dies bisher nicht ein Schwerpunkt meines vorherigen Studiums und Forschung war. Eine Erfahrung, die ich sicherlich noch häufiger in meinem Beruf als Chemiker machen werde!

UniCat: Für Ihre Doktorarbeit versuchen sie Siloxid-basierte Komplexe zu entwickeln, die in Verbindung mit festen Trägern als Katalysatoren fungieren können. Welchen Gewinn ziehen Sie aus dem Forschungsaufenthalt für Ihre Dissertation?

Fabian Schax: Durch das Wissen, Einblicke und Erfahrungen, die ich hier in Evanston auf dem Gebiet der Oberflächenchemie erlangt habe, ist es mir möglich, die Forschungsergebnisse meines inspirierenden Systems noch besser nachzuvollziehen. Die Northewestern University hat eine exzellente Ausstattung an Geräten auf dem neusten Stand der Technik für die Charakterisierung von Materialen, wie ich es für mein Kooperationsprojekt benötigt habe. Zudem wurde es mir ermöglicht, zwei Tage an einem nahegelegenen nationalen Forschungsinstitut Experimente mit Synchrotronstrahlung durchzuführen. Die Durchführung meines Projekts an meiner Heimatuniversität wäre in diesem Umfang sicherlich nicht möglich gewesen.

UniCat: Wie war das menschlich in Evanston?

Fabian Schax: Die Mitarbeiter und mein betreuender Professor haben mich sehr herzlich aufgenommen und bestens dazu beigetragen, dass ich mich in Evanston wohl fühle. Ich bin nach Evanston gekommen ohne eine Person zu kennen, aber es sind Freundschaften mit meinen Kollegen entstanden, die über den Kontakt im Labor hinausgehen. Ich hoffe, dass in naher Zukunft auch ein Gegenaustausch stattfinden wird, und ich etwas von der erfahrenen Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft in Berlin zurückgeben kann.

UniCat: Welche Tipps würden Sie anderen UniCat-Austausch-Doktoranden und –Doktorandinnen geben

Fabian Schax: Falls Ihr die Chance bekommt einmal in einer anderen Arbeitsgruppe zu arbeiten, solltet Ihr diese Möglichkeit sofort ergreifen! Chemie ist wirklich ein so breites Feld, und es ist spannend zu sehen, wie andere Arbeitsgruppen forschen. Oft haben wir gemeinsame Ziele, aber der Weg dorthin unterscheidet sich beträchtlich! Im Laufe einer mehrjährigen Promotion neigt man dazu, nur sein eigenes Projekt zu sehen und sich zwangsläufig auf ein Fachgebiet zu spezialisieren. Durch einen Austausch könnt Ihr diese oft unfreiwillige Situation leicht durchbrechen.

UniCat: War der das Kooperationsprojekt ein Sprung ins kalte Wasser für Sie, vor dem man sich fürchten muss?

Fabian Schax: Nein, keineswegs. Der Ausdruck „learning by doing“ beschreibt sicherlich am besten, wie ich an der Northwestern University meine wissenschaftlichen Fähigkeiten vertieft habe. Es ist wichtig, dass ihr offen auf eure Mitarbeiter zugeht und keine Angst vor Fragen habt. Am Anfang musste ich mir jedes Instrument erklären lassen, und ich fühlte mich eher als Student als ein Doktorand. Doch durch meine Mitarbeiter konnte ich weit mehr und schneller lernen als durch Eigenstudien. Das Gute ist, dass Ihr selber auch Wissen und Fertigkeiten mitbringt, von denen auch eure Mitarbeiter profitieren können. Ich habe meinen Kollegen bei organischer und anorganischer Synthesechemie helfen können, und es ist ein bleibender Eindruck gewesen, zu sehen, dass man durch diesen Erfahrungsaustausch gemeinsam schneller vorankommt. Nach dem NSA-Skandal hat das Ansehen der USA in Deutschland sicherlich gelitten, und deshalb ist es umso wichtiger, dass weiterhin junge Menschen in die USA gehen und sich ihr eigenes Bild von „den Amerikanern“ machen. Ich denke, dass ihr positiv überrascht sein werdet.

UniCat: Bietet Evanston noch mehr als nur Wissenschaft?

Fabian Schax: Evanston als Universitätsstadt mit seiner Nähe zu Chicago ist sehr attraktiv. Der Lake Michigan ist direkt hinter dem Unicampus und nach einen Tag im Labor kann man direkt ins Wasser springen und sich abkühlen!

UniCat: Herr Schax, haben Sie vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen alles Gute für Ihre Rückkehr nach Deutschland und für Ihr Dissertationsprojekt.

Das Interview führte Martin Penno.
Fotos: Christian Kuhn / TU Berlin