Auszeichnung für besten Vortrag

Mittwoch, 26. August 2015

Flavia Neddermeyer ist auf der ADCHEM-Konferenz in Kanada mit dem „Best Oral Presentation Award“ geehrt worden.

Frau Dipl.-Ing. Flavia Neddermeyer aus der UniCat-Gruppe von Professor Dr.-Ing. Rudibert King hat für ihren Vortrag “Model-Based Control to Maximise Biomass and PHB in the Autotrophic Cultivation of Ralstonia eutropha” auf dem neunten internationalen Symposium „Advanced Control of Chemical Processes“ (ADCHEM 2015) einen „Best Oral Presentation Award“ erhalten. Koautoren waren Dr.-Ing. Niko Rossner und Prof. Dr.-Ing. Rudibert King. In dem Vortrag und der dazugehörigen Veröffentlichung geht es um die modellbasierte Regelung der autotrophen Kultivierung des Wasserstoff-Bakteriums Ralstonia eutropha, welches mit Wasserstoff (H2), Kohlendioxid (CO2) und Sauerstoff (O2) zu wachsen vermag.

„Wir kultivieren Ralstonia eutropha und produzieren damit die den Wasserstoff umsetzenden Enzyme und andere Zellkomponenten für die Gruppen des UniCat-Forschungsfeldes E3-2“, sagt Flavia Neddermeyer. „Und das machen wir im großen Maßstab und reproduzierbar“. Die UniCat-Gruppen von Dr. Oliver Lenz, Dr. Patrick Scheerer, Dr. Ingo Zebger und Prof. Dr. Peter Hildebrandt untersuchen dann diese Produkte mit unterschiedlichen Methoden. Das große Ziel ist, in Zukunft diese Enzyme zur Energiegewinnung heranzuziehen.

Die Arbeiten von Frau Neddermeyer sind integraler Bestandteil der UniCat-Forschung. Durch die besondere Kultivierung des Bakteriums Ralstonia eutropha werden bestimmte Enzyme in großen Mengen produziert. „Dabei handelt sich um sauerstofftolerante Hydrogenasen, die den Wasserstoff auch in Gegenwart von Sauerstoff katalytisch umsetzen“, sagt Dr. Oliver Lenz. „Das macht sie für UniCat als auch für die biotechnologische Anwendung hoch interessant.“ Diese Enzyme können sowohl Wasserstoff in Protonen und Elektronen zerlegen als auch die umgekehrte Reaktion katalysieren, nämlich die Bildung von Wasserstoff.

Bei der Reaktion des gebildeten Wasserstoffs mit Sauerstoff wird Energie frei, die in einer (enzymatischen) Brennstoffzelle als elektrischer Strom genutzt werden kann. Bei der umgekehrten Reaktion wird Energie benötigt; hier kann die Energie des Sonnenlichtes chemisch in Form von Wasserstoff gespeichert werden.

Flavia Neddermeyer hat in ihrem ausgezeichneten Vortrag in erster Linie über die Maximierung der Ausbeute von Biomasse und PHB berichtet. PHB ist die Abkürzung für Polyhydroxybuttersäure, einem zellinternen Energie- und Nährstoffspeicher. Auch dieser Stoff ist biotechnologisch relevant. „Unser Produktionsprozess wird durch eine modellbasierte Regelung optimiert“, sagt Flavia Neddermeyer. Ziel ist eine möglichst hohe Ausbeute an Zellbestandteilen.

Um das Modell des Prozesses zu erstellen, interessiert sich die King-Gruppe für alle größeren Zellkomponenten. PHB wurde in der Vergangenheit industriell zur Bioplastikproduktion eingesetzt. Neuerdings wird es auch für die künstliche Herstellung von biologischem Gewebe (Tissue Engineering) verwendet.

Die Biomasse an sich stellt aus industrieller Sicht ebenfalls ein relevantes Produkt dar. Es ist relativ einfach, isotopenmarkierte Biomassekomponenten herzustellen. Dafür lässt man Ralstonia eutropha z. B. ausschließlich mit markiertem Kohlenstoffdioxid (13CO2) als Kohlenstoffquelle wachsen. Das funktioniert, weil der Organismus die Fähigkeit hat, autotroph zu wachsen, d.h. seine Bau- und Reservestoffe wie die Pflanzen aus CO2 aufzubauen. Die dafür benötigte Energie erhält es aus der kontrollierten Verbrennung von Wasserstoff mit Sauerstoff.

Mit Neddermeyers Forschungsarbeiten wurde nun ein valides Modell des Fermentationsprozesses erhalten, mit dem die Ausbeuten an Biomasse, Hydrogenase, und dem Bioplastik „PHB“ maximiert werden können.

Flavia Neddermeyer hat an der TU Berlin Biotechnologie studiert. Sie war an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin als Wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig, und wechselte im Juni 2013 in die Arbeitsgruppe von Prof. King, um im Fachgebiet für Mess- und Regelungstechnik zu promovieren.

Die ADCHEM-Konferenz findet alle drei Jahre statt und wird von der International Federation of Automatic Control (IFAC), einer multinationalen Vereinigung nationaler Mitgliedsorganisationen, die sich mit Automatisierungstechnik im jeweiligen Land befassen, ausgerichtet. Die ADCHEM 2015 fand vom 7. bis 10. Juni in Whistler, British Columbia, in Kanada statt.